Nicht nur gut abgehangenes Dry Aged Beef muss reifen, sondern auch das „normale“ Fleisch. Denn damit das Tier nach dem Schlachten verzehrgeeignet wird, braucht es die Fleischreifung. Hier arbeiten chemische Kräfte, um das Muskelfleisch geniessbar zu machen. Doch was passiert bei der Fleischreifung eigentlich genau?
Nach der Schlachtung wird es zäh
Nach dem Schlachten setzen durch den Stopp der Sauerstoffzufuhr verschiedene Prozesse ein. Glykogen und Glucose im anaeroben Milieu werden dabei zu Lactat (Milchsäure) abgebaut. Das führt zu einer Verhärtung der Fibrillen, der so genannten Muskelkontraktion. Das Fleisch wird also zäh und fest. Beim Rind entwickelt sich dieses Phänomen, das auch als Totenstarre bekannt ist, innerhalb von 10–24 Stunden, beim Schwein in 4–18 Stunden und beim Huhn in 2–4 Stunden. Erst danach setzt die enzymatische Fleischreifung ein.
Enzyme machen das Fleisch weich
Die enzymatische Fleischreifung kann je nach Tierart von 1 bis zu 8 Tage dauern. Die Milchsäure, die während der anaeroben Glycogenolyse entsteht, ist wichtig für den Erfolg der Reifung. Die Struktur der Muskelfasern wird durch das Einwirken von Eiweiss spaltenden Enzymen, den Proteasen, aufgelöst. Die entstandene Milchsäure lockert dabei den Zellverband auf, so dass zelleigene proteolytische Enzyme auf das Muskelgewebe wirken und die verhärteten Muskelfibrille aufbrechen können. Dadurch wird das Fleisch wieder zart. Zur weiteren Verbesserung der Konsistenz werden in der Fleischreifung teils auch pflanzliche Proteasen eingesetzt, wie Papain, ein eiweissspaltendes Enzym der Papaya-Frucht. Das Fleisch wird dazu vor dem Abhängen mit dem Papain behandelt.
Trockenreifung
Die Trockenreifung von Rindfleisch kann 3-8 Wochen dauern. Währenddessen entwickeln sich die besonderen Geschmacksnoten, die sich bei kürzerer Reifezeit nicht zeigen. Durch Oxidation und Wasserverdampfung entsteht bei der Dry Aged Fleischreifung eine Kruste, unter der die Enzyme und Proteine an einem vollen Geschmackserlebnis arbeiten können. Während bei der kürzeren Fleischreifung im Vakuum die Milchsäure geschmacklich dominiert, entsteht bei der Dry Aged Reifung ein würziger Geschmack, u.a. durch Mononatriumglutamat. Es ist ein natürlicher Geschmacksverstärker und das Vorbild für das künstlich produzierte Glutamat, das man aus Fertiggerichten kennt. In der längeren Reifezeit des Dry Aged Beefs verbessert sich ausserdem die Zartheit durch die Enzymaktivität.
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